Natalia van der Mersch – My Kreisler Album

Lisa Shklyaver, Georgy Voylochnikov – … nicht nur Fantasiestücke

Ketevan Sepashvili – Moments

Lydia Maria Bader – Tales of the Sea

Renner Ensemble Regensburg – WEISSUNDBLAU: Männerchorwerke aus und über Bayern

Alice Borciani – Cesti Kantaten

Tetrapod Ensemble – Modern Bridges

Juni 2023

Natalia van der Mersch – My Kreisler Album

Juni 2023

Die Stücke auf dieser CD gehören drei verschiedenen Kategorien an. Zunächst haben wir einige Meisterwerke des Repertoires für Violine (von Mozart bis Mendelssohn, von Brahms und Tschaikowsky bis Dvořák), denen Kreisler einen besonderen Glanz zu verleihen wusste: allesamt Stücke, die ein perfektes Gleichgewicht zwischen technischer Meisterschaft und Sensibilität erfordern. Es folgt eine Auswahl von Kreislers etwa dreißig Originalkompositionen für Violine und Klavier, die weitgehend vom Genre der Salonmusik inspiriert sind, darunter die Trilogie Alt-Wiener Tanzweisen mit dem sehr berühmten Liebesleid. Schließlich hören wir hier Stücke „à la manière de“, also sogennante Pastiches, die von demselben Kreisler geschrieben wurden, aber von Komponisten der Vergangenheit inspiriert sind (Wilhelm Friedemann Bach oder Louis Couperin, dem Großvater des berühmten François, aber auch Tartini und Vivaldi), denen er sie kurioserweise zugeschrieben hat. Die Geschichte dieser Stücke ist einzigartig: Als Zugaben am Ende des Konzerts gedacht, hat sie Kreisler selbst komponiert, indem er sich von einigen Barockkomponisten inspirieren ließ, deren Partituren er angeblich in einem französischen Kloster gefunden hatte. Er setzte sie unter ihren Namen auf das Programm, da er davon überzeugt war, dass das Interesse des Publikums größer sein würde, wenn sie bereits bekannten und geachteten Autoren zugeschrieben würden. Als Musikwissenschaftler jedoch keine weiteren Spuren dieser Stücke finden konnten, war er 1935 fast gezwungen, den Schwindel zuzugeben und sich mit der lapidaren Aussage „the name changes, the value remains“ („der Name ändert sich, der Wert bleibt“) zu verteidigen.

Lisa Shklyaver, Georgy Voylochnikov – … nicht nur Fantasiestücke

Juni 2023

Die Idee, eine CD mit Kammermusik für Klarinette und Klavier von Komponisten aus Deutschland, Dänemark und Russland aufzunehmen, entstand ganz spontan. Der Ausgangspunkt unserer Nachforschungen waren die „Fantasiestücke“ von Niels Wilhelm Gade Op. 43. Nachdem wir diesen Zyklus in einigen Konzertprogrammen erfolgreich aufgeführt hatten, kam der Wunsch, das Genre der europäischen instrumentalen romantischen Miniatur des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu betrachten. Dass unsere Wahl auf die „Fantasiestücke“ von Robert Schumann Op. 73 fiel, war also nur logisch. Sein Werk ist eine Art Ausgangspunkt für das ganze CD-Konzept.

Die zweite Sonate von Alexander Gretschaninow kam in unser Repertoire vor nicht langer Zeit, nahm aber einen beständigen Platz ein dank ihrer Leuchtkraft, Erhabenheit der Gestalten und der Aufrichtigkeit der romantischen Aussage.

Das Gleiche gilt auch für die einmalige „Sonata-Vocalise“ von Nikolai Medtner, die ein ausgezeichnetes Beispiel für eine organische Synthese deutscher und russischer Komponistenschule darstellt und die Kontinuität der Kunstideale Schumanns verkörpert.

Der mehrdimensionale Begriff „Fantasie“ (in der alten Variante „Phantasie“) bedeutet „sich etwas vorstellen“, „improvisieren“. Und gerade die reiche, strahlende, herausragende und – das ist eigentlich das Wichtigste – freie Fantasie der auf der CD vorgestellten Künstler hat uns das Glück der Begegnung mit ihrer Kunst geschenkt. Diese Freude am Fantasieren, die voller Inspiration ist, möchten wir mit Ihnen teilen.

Ketevan Sepashvili – Moments

Juni 2023

Mit seinen Kinderstücken für Erwachsene schuf der georgische Komponist und Pianist Nodar Gabunia 1987 einen achtteiligen Klavierzyklus in der Nachfolge solch pädagogisch ausgerichteter Sammlungen wie Pjotr Tschaikowskis Kinderalbum op. 39, Béla Bartóks Für Kinder Sz 42 oder Dmitri Kabalewskis Klavierstücke für junge Spieler op. 27, um nur einige zu nennen. Musikalische Kindheitsbilder waren seit lange ein beliebter Topos, der in den Kinderszenen op. 15 von Robert Schumann wohl seinen Kulminationspunkt fand. Jene Charakterstücke waren indes nicht für Kinderhände gedacht, sondern waren nach den eigenen Worten Schumanns „Rückspiegelungen eines Älteren für Ältere“, keine eigentlichen Kinderstücke.

Die Komposition der 24 Préludes op. 28 reicht zurück bis in die Jahre 1835/36. In ihnen erweist sich die Bewunderung, die Frédéric Chopin Johann Sebastian Bach entgegenbrachte. Mit diesem Meisterwerk, das dem Charakterstück „Präludium“ bzw. „Prélude“ seinen ersten und wohl höchsten Gipfelpunkt beschwor, knüpfte der Komponist nicht nur in formalen Aspekten an Bachs Wohltemperiertes Klavier und dessen Abfolge von 48 Präludien und Fugen an, sondern auch hinsichtlich ihrer konstruktiven und materiellen Verdichtung und inspirierte ihm zeitlich nachfolgende Komponisten wie Alexander Skrjabin, Sergei Rachmaninow, Karol Szymanowski, aber auch Claude Debussy oder Dmitri Schostakowitsch zu vergleichbaren Sammlungen.

Juli / August 2023

Lydia Maria Bader – Tales of the Sea

Juli / August 2023

„Ozean, Du mächtiges Monster!“ Ich möchte Sie in die abenteuerliche Welt der Ozeane und der Seefahrt entführen. Klavierstücke, die Wasser musikalisch darstellen, haben mich schon immer fasziniert. Während der Pandemie kam noch ein großes Fernweh dazu. So war die Idee für dieses CD-Programm geboren. Mit viel Neugier habe ich mich auf Spurensuche bei verschiedenen Komponisten begeben und wurde reichlich fündig. In was für verschiedenen Musiken findet die Schwingung des Meeres ihren Widerhall? Die sinnliche und emotionale Farbpalette, die sich mir erschloss, hat mich begeistert. Das Meer, welches in den sechs Kompositionen dieser Aufnahme zu hören ist, zeigt sich in all seinen Facetten: Von meditativer Stille auf dem Wasser bis hin zur entfesselten Naturgewalt. – Lydia Maria Bader

Alice Borciani – Cesti Kantaten

Juli / August 2023

Die Auswahl der auf dieser CD präsentierten Kantaten geht auf die kritische Edition zurück, die Alice Borciani für das Istituto Italiano per la Storia della Musica unter der Leitung des Musikwissenschaftlers Luigi Collarile erstellt hat. Der Band versammelt die zwölf Kantaten von Antonio Cesti auf Texte des Dichters Giovanni Filippo Apolloni, einem Freund und Landsmann des Komponisten.

Das Ensemble Il Zabaione musicale entlehnt seinen Namen einer Sammlung von Musik Adriano Banchieris, die 1604 in Mailand veröffentlicht wurde. Dieses auf Alte Musik spezialisierte Ensemble wurde 2010 von Alice Borciani (Italien), Elam Rotem (Israel) und Ryosuke Sakamoto (Japan) gegründet, die sich während ihres Studiums an der Schola Cantorum Basiliensis kennenlernten. Das Interesse für die Alte Musik und insbesondere das Repertoire des italienischen Frühbarock führte zu verschiedenen Konzerten in Italien und der Schweiz. Die musikwissenschaftliche Forschung spielt eine grundlegende Rolle in der Arbeit des Ensembles, zu dessen Hauptzielen die Wiederentdeckung unerforschten musikalischen Repertoires und die Arbeit mit Originalquellen gehören.

Renner Ensemble Regensburg – WEISSUNDBLAU: Männerchorwerke aus und über Bayern

Juli / August 2023

Viele assoziieren mit „Bayern“ die Zugspitze, den Königssee, die Isarauen und die Weinberge am Main, München mit dem Oktoberfest und den Fußballstars des FC Bayern, Regensburg an der Donau mit der Steinernen Brücke und den Domspatzen. Neuschwanstein und andere Schlösser des Märchenkönigs prägen das Landschaftsbild ebenso wie die Wieskirche und weitere Wallfahrtskirchen im Voralpenland. Auf allen Straßen der Welt sind Autos zweier bekannter bayerischer Automarken zu sehen. Musikenthusiasten aus aller Welt finden Genuss bei den Bayreuther Festspielen, den Münchner Opernfestspielen und den Tagen Alter Musik in Regensburg. Das Derblecken am Nockherberg und die Fränkische Fastnacht werden alljährlich live im bayerischen bzw. fränkischem Dialekt über die Fernsehkanäle verbreitet. Und in lauschigen Biergärten werden Weißwürste mit Brezen, Leberkäs samt bayerischem Bier serviert.

Viele dieser bekannten bayerischen Facetten finden sich auch in der Programmzusammenstellung dieser CD. Manche ausgewählten Stücke blicken aber auch über den Tellerrand des Klischees hinaus und zeigen Neues, bisher Unbekanntes in der bayerischen Kulturvielfalt.

Tetrapod Ensemble – Modern Bridges

Juli / August 2023

Mit der vorliegenden Einspielung – Modern Bridges – beweist das Schweizer Tetrapod Ensemble – die Flötistin Nuriia Khasenova, der Klarinettist Damien Bachmann, der Cellist Christoph Croisé und der Pianist François-Xavier Poizat – wie ernst und doch unterhaltsam und wie universell verstehbar zeitgenössische Musik sein und empfunden werden kann, wenn man ihr „moderne Brücken“ baut. Diese CD ist die Frucht einer langjährigen Zusammenarbeit und internationalen Kon­zerttätigkeit dieser vier Musiker und vereint „Klassiker“ der Grenzzone, des Cross­over zwischen Klassik und Jazz wie Nikolai Kapustin mit bekannten zeitgenössischen Komponisten dieses Genres wie Daniel Schnyder oder Aleksey Igudesman.

Dabei passen Jazz und Kammermusik hervorragend zusammen: Auch eine Jazz­combo ist im Grunde nichts anderes als ein Kammerensemble, in dem es um die subtile Kunst der Balance und Feinabstimmung geht. Und wie sich Jazz-Rhythmen und Blues-Harmonik in eine „klassische“ Formensprache übertragen lassen, dafür hat bereits George Gershwin (1898-1937) in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeitlos gültige Werkbeispiele geschaffen. Auf seinen Spuren wandelten Musiker wie Alexander Zfasman (1906-1971) oder Claude Bolling (1930-2020), die mit ihren Kompositionen und Crossover-Projekten große Erfolge erzielten.

Zu diesem, allzu enge Begrenzungen sprengenden und faszinierenden Genre tragen auch die Musiker dieser Aufnahme bei. Sie verschmelzen Tradition mit Moderne. Be­reits in der vierteiligen Anlage des Programms – eine Bezugnahme auf die zyklische Formgestaltung der klassischen Sonate bzw. der Sinfonie – wird dieses Anliegen erkennbar.